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Eine Zukunft für den Fürstenhof
Junker Gremp von Freudenstein, Johann Karl von Birkenfeld-Bischweiler, Esther Maria von Witzleben, Wildgräfin Sophie Charlotte zu Daun und Kyrburg, Carl von Heimrod – wohlklingende Namen aus den Adelshäusern, die in Zusammenhang mit einem geschichtsträchtigen Gebäude in der Gelnhäuser Altstadt stehen: Nach vielen Jahren des Leerstands soll der denkmalgeschützte „Fürstenhof“ in naher Zukunft wieder genutzt und mit Leben erfüllt werden. Die rechtlichen Weichen hat die Stadt als Besitzerin der Immobilie bereits gestellt. Nun ist der Bauantrag genehmigt und die Projektentwickler Stephan Bohlender und Marcel Kreis von R2.design können loslegen. Bevor in dem Stadtbild prägenden Gebäude die ersten Mieter ihre Appartements beziehen können, wird das etwa 600 Jahre alte Gebäude aber komplett entkernt und in enger Absprache mit den Denkmalschutzbehörden saniert.
Bürgermeister Christian Litzinger, Bauamtsleiter Eppo Haas und die beiden R2-Geschäftsführer Stephan Bohlender und Marcel Kreis stehen vor dem Renaissance-Portal, einer säulenflankierten Eck-Doppelpforte, im Hof des Fürstenhofes und besprechen Einzelheiten zum weiteren Vorgehen. Der Erbbaurechtsvertrag ist unterzeichnet, die Baugenehmigung liegt vor, der Kick-Off-Termin mit der Denkmalschutzbehörde hat stattgefunden. Nun kann das Projekt starten. „Die Formalitäten sind erledigt und wir freuen uns sehr, dass es jetzt losgehen kann“, läutet Bürgermeister Christian Litzinger die bevorstehende Ortsbegehung ein.
Die R2-Projektentwickler Stephan Bohlender und Marcel Kreis wollen den Fürstenhof nach Abschluss der Sanierungsarbeiten wieder als Beherbergungsstätte nutzen. Dort sollen so genannte Mikro-Appartements entstehen, die eine Größe von etwa 25 bis 50 Quadratmetern haben werden. Mikro-Appartements sind kleinteilige, teilweise bereits möblierte Wohnformen, mit ein bis zwei Räumen. Ein Aufzug im Turm wird die barrierefreie Verbindung zu den oberen Stockwerken schaffen.
Im Erdgeschoss sollen gewerblich genutzte Büroräume entstehen. Auch den Veranstaltungskeller „Urbanus-Keller“, in dem zuletzt ein Irish-Pub untergebracht war, wollen Bohlender und Kreis nach Umbau und Sanierung wiederbeleben. Alle Baumaßnahmen werden in enger Absprache mit dem Denkmalschutz umgesetzt. Dabei spielt die Kompromissfindung zwischen Energieeffizienz und Denkmaltauglichkeit mit Blick auf die technische und energetische Sanierung des alten Gebäudes eine wichtige Rolle. Die R2-Projektplaner stellen sich der Aufgabe nicht nur mit großer Motivation und Vorstellungskraft, sondern auch mit Erfahrung. Drei Jahre lang hat R2 die Villa Sondheimer, ein denkmalgeschütztes Gebäude im Alten Graben in Gelnhausen, erfolgreich saniert. Dort befindet sich heute der Sitz des Unternehmens R2.design . „Denkmale sind einzigartige Zeugnisse der Vergangenheit und unersetzlich. Sie sind ein gemeinsames Erbe, das wir für künftige Generationen erhalten müssen. Gleichzeitig müssen wir bestimmte Veränderungen akzeptieren, weil nur so eine zeitgemäße und letztlich auch finanziell tragbare Lösung erreicht werden kann. Wir freuen uns sehr, dass sich R2 der anspruchsvollen Aufgabe stellt, dieses kulturelle Erbe unserer Stadt entsprechend zu gestalten“, so Bürgermeister Christian Litzinger.
Noch immer sind im Inneren die Spuren des Gaststätten– und des Hotelbetriebes sichtbar, ist das Echo der bewegten Vergangenheit hörbar. Schließlich hat dort einst auch Johann Wolfgang von Goethe übernachtet, als er in Gelnhausen einen ehemaligen Studienkollegen besuchte. Ein paar Turnschuhe auf einem Bett erinnern an die übergangsweise Nutzung einiger Räume des Fürstenhofes als Unterkunft für Asylbewerber. Sie haben nach einem Brand in ihrer eigentlichen Heimstätte gewohnt. Ein immenser Wasserschaden, der die Deckenkonstruktion im ersten Obergeschoss stark in Mitleidenschaft gezogen hat, machte das Gebäude schließlich unbewohnbar.
Zur Historie:
Der südliche Teil der inneren Stadtmauer aus der Stauferzeit, dient als Stützmauer des Fürstenhofes. Das langgezogene Gebäude stammt im Kern noch aus dem Mittelalter und wurde seit der Verpfändung der Stadt im Jahr 1349 als Dienstwohnung der pfandherrschaftlichen Beamten und als Quartier für die Pfandherren genutzt. Auch der Kurfürstentag von 1502 fand hier statt. Sein imposantes Aussehen erhielt der Fürstenhof wohl in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammen das Fachwerk, ein Doppelportal an der Nordseite, das in Renaissance-Formen gestaltet ist, und an der Südseite ein Erker, dessen Brüstungen Wappensteine zierten. Ein Treppenturm mit hohem und spitzem Helm an der Ostseite wurde schon im 19. Jahrhundert niedergelegt und später durch den heutigen Anbau ersetzt. Die Umbauarbeiten fanden wohl nach dem Jahr 1549 statt. Damals wurde dem Burggrafen Johann Ryprecht von Büdingen erlaubt, die Stadtmauer für den Umbau des Fürstenhofes zu durchbrechen und Fenster sowie Erker anzubauen. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts diente der Fürstenhof als Sitz des Amtsgerichts, des Katasteramtes und des Finanzamts. Anfang der 1970er Jahre übernahm ein Ehepaar den Fürstenhof und betrieb dort unter dem Namen „Stadt-Schänke“ eine Gaststätte mit Restaurant sowie ab 1990 ein Hotel. Der Urbanus-Keller war verpachtet. Nachdem die Inhaber den Betrieb aufgaben, fand sich kein Nachfolger. Ende 2016 erwarb die Stadt Gelnhausen das denkmalgeschützte Anwesen.